Geschäftsmodelle rund um WordPress Plugins und Themes.
Wer mit WordPress nicht nur spielt, sondern es auf dem eigenen Server installiert und berufsalltäglich einsetzt (und dann erst weiter damit spielt;), fragt sich laufend, welche Design-Themes und Plugins sich eignen und wie die functions.php ergänzt werden kann. Auf wordpress.org/plugins stehen inzwischen mehr als 30.000 Plugins zur Auswahl (als ich anfing, waren es ein paar Hundert). Einen echten Test gibt es dort meines Wissens nicht, nur eine Standardprüfung. Die Anwender sind also die Versuchskaninchen. Wer, warum, mit welcher Motivation und welchem Know-how ein Plugin anbietet und ob es in 6 Monaten noch funktioniert, bleibt oft ungewiss. Manchmal tauchen nach dem Plugin-Upload plötzlich Werbelinks im Footer auf, das Dashboard verhält sich merkwürdig oder die Website wird zur Schnecke … daher, trau schau wem. Es gibt momentan verschiedene Modelle für kostenpflichtige Plugins und Themes, die ich hier mal zusammenfassen möchte.
[expand title=“1. Prüfe, wer sich bindet. Oder: Transparenz ist Trumpf.“ ]Plugin-Developer verbergen sich oft hinter Pseudonymen, sie wollen Schadenersatzforderungen vorbeugen oder sich aus anderen Gründen bedeckt halten. Zumal man im Supportforum überwiegend Gemecker erntet, Lob ist eher selten. Zufriedene Nutzer schweigen. Doch sobald etwas mal nicht funktioniert, heulen egozentrische Wichtigtuer weltweit laut auf. Darum logge ich mich mindestens einmal im Jahr bei wordpress.org ein, um meine 5 Sterne und ein Sprüchlein für die Plugins zu verteilen, die ich regelmäßig und überzeugt nutze. Das ist das Mindeste. Wie im wahren Geschäftsleben bevorzuge ich Anbieter, die mir bekannt sind, die einen Wohnort auf der Erde haben, von denen ich zu wissen glaube, welche Ziele sie verfolgen (ein IMO unterschätzter Punkt), die auch mal ein Video-Interview ins Netz stellen oder einen öffentlichen Vortrag halten. Echte, seriöse Partner eben, die sichtbar hinter ihrer Erfindung stehen, weil sie davon überzeugt sind. Bei einem kostenlosen Plugin ist das sicher viel verlangt, aber umso schöner, wenn es dennoch so ist.
[/expand][expand title=“2. Zahl mir ein Bier, spendier mir nen Kaffee oder was von meinem Wunschzettel.“]Das ist eine sympathische, lässige Variante, Anerkennung zu zeigen. Und es ist der direkte Weg für Nutznießer, sich für die Arbeit des Entwicklers persönlich zu bedanken. Der Preis sagt übrigens nichts über die Qualität eines Plugins aus. Kostenlos kann mindestens so gut sein wie Premium/Pro (z.B. TablePress, Members u.v.m.). Eine kleine freiwillige Zahlung von 3 bis 5 US-Dollar ist via Paypal schnell gemacht – wer einen Spendenwunsch äußert, freut sich auf jeden Fall darüber. Manchmal ist der Spendenlink ziemlich gut versteckt, reine Bescheidenheit … umgekehrt haben nicht alle Programmierer den Wunsch, Geld einzusammeln. Ein bekannter Pluginentwickler erklärte, dass jedes seiner kostenlosen Plugins ursprünglich als bezahlte Auftragsarbeit entstand und die Arbeit somit bereits finanziert ist, unter GPL-Lizenz. Manche wollen der Commmunity einfach etwas zurückgeben, weil sie selbst von WordPress profitiert haben. Andere coden aus Spaß an der Freud und bitten um eine Spende für eine wohltätige Einrichtung (Widget Logic). Oder sie tun es, weil sie schnell mal eben eine mehr oder weniger wichtige Funktion ergänzen wollen.
[/expand][expand title=“3. Kleinvieh macht auch Mist. Zu viel Kaffee macht Herzrasen.“] Auf Dauer kommen somit ziemlich viele Spenden zusammen … für die Anbieter ebenso wie für die Anwender können sich die Kleckerbeträge über die Jahre und in der Menge der installierten Plugins ganz hübsch summieren. Für Nutzer stellt sich immer wieder neu die Frage, ob das einzelne Plugin wirklich diesen Betrag wert ist bzw. alle Plugins zusammen dieses stattliche Sümmchen, das sich da auftürmt. Vielleicht gibt es eine andere Lösung? Ein paar dreiste Abzocker nötige naive, gutmütige Nutzer zu teils völlig überhöhten „Spenden“. Mit einem moralinsauren Klagegesang oder einem penetrant blinkende (!) Banner im Dashboard, das um „Spenden“ oder Sterne bettelt. Kürzlich begegnet mir ein „Favicon“-Plugin, das eine „Spende“ (sic!) ab fetten 20 USD vorschlug. Wie dreist ist DAS denn? Ein Favicon ist in 10 Minuten hergestellt, in den head eingetragen und per ftp hochgeladen, wenn man weiß, wie und wo (Tante Googel hilft). Zum Vergleich: Eine Lizenz für das sehr tolle Grafikprogramm IrfanView, mit dem man supereinfach Favicons herstellen kann, kostet grade mal 10 Euro …
[/expand][expand title=“4. Zahl für Updates und Service, nutze das Plugin/Theme so oft wie du willst.“]Die meisten WordPress-Themes stehen unter der gleichen Lizenz wie WordPress, GPL. Diese „Freie Software“ kann, verkürzt gesagt, von jedem jederzeit genutzt werden, sofern Änderungen gekennzeichnet sind und das Original nicht verkauft wird. Unter derselben Lizenz stehen auch die meisten Plugins. Manche Themes und Plugins enthalten Teile oder Skripte unter anderen Lizenzen (z.B. MIT). Ein engagierter Plugin- oder Theme-Entwickler, der den legitimen Wunsch verspürt, von seiner Arbeit leben zu wollen, hat mehrere Möglichkeiten:
I. Mit einem Premium- oder PRO-Service bietet der Anbieter für zahlende Kundschaft exklusive Leistungen: regelmäßige gut dokumentierte Updates, ein Forum oder E-Mail-Support. Dieses Modell ist transparent, persönlich und funktioniert ziemlich gut – studiopress.com begann auf diese Weise … und wandelte sich in wenigen Jahren vom kleinen Blog zum „Industriestandard“. Wichtig bei diesem Geschäftsmodell: das Vertrauen der Kunden gewinnen und nicht enttäuschen, transparente Kommunikation, klare Regeln, zuverlässiger, freundlicher und stabiler Support sowie eine offizielle Geschäftsadresse (keine Briefkastenfirma oder Mietadresse in Hongkong … aber selbst das kann klappen). Ein „internetschwieriges“ Land wie Deutschland, mit seinen strengen Datenschutz-, Impressums-, Haftpflicht- und Finanzgesetzen, bedeutet für Deutsche weltweit im Umkehrschluss eher einen Vorteil – einen Vertrauensbonus … (Search&Replace, wp-Backup, Statify, Antispam-Bee, Collapseomatic u.v.a.)
II. Manche bieten günstige Theme-Pakete an – im Dutzent billiger. Studiopress beispielsweise. Hätte ich mich vor 7 Jahren für dieses Paket entschieden (das damals um die 150 USD kostete, soweit ich mich erinnere – heute 399 USD), hätte sich das für mich natürlich längst amortisiert. Hätte, hätte Fahrradkette. Ich bin eben nicht so ein Vorratsmensch. Im Grunde gibt man dem Anbieter mit dem Vorauskauf einen Kredit. JedeR muss für sich selbst abwägen, ob das eine gute, rentable Möglichkeit ist – oder nicht.
III. Außerdem kann sich ein Webdeveloper mit einem guten Plugin oder Theme einen Namen machen. Damit rentiert sich die jahrelange Mühe dann doch noch … ein tolles Plugin wird für einen üppigen Betrag aufgekauft (wie nggallery), der Entwickler landet bei seinem Traumjob oder gründet selbst ein Unternehmen. Manche perfektionistischen WordPress-Plugin-Developer werden vom Erfolg überrascht, denn sie hatten ihr Tool selbst eher als Fingerübung eingeordnet und den Bedarf unterschätzt. So kann man sich täuschen.
[/expand][expand title=“5. Zahl einen Festbetrag für Updates und Service, begrenzt auf ein Jahr.“]Das ist die Geschäftphilosophie von wordpress.com, WPML.org, elegantthemes.com und den meisten kleineren Theme- und Plugin-Anbietern. Stammkunden erhalten für das Folgejahr manchmal einen zusätzlichen Rabatt von bis zu 50 Prozent, wenn sie rechtzeitig verlängern. Oder einen Rabattcode, mit dem sie künftig um bis zu 25% billiger einkaufen. Über die Jahre kann sich dieser Betrag trotzdem ganz schön summieren. Daher bieten viele Anbieter inzwischen den „Lifetime Support“ an – die Kunden zahlen einmalig eine hohe Summe, haben dann aber künftig ihre Ruhe (bis der Pluginentwickler stirbt?) Ich finde dieses Modell grundsätzlich fair und okay, entscheide mich aber nur dafür, wenn ein aktuelles Projekt, das ich damit aufsetze, die Kosten voraussichtlich schnell hereinholt. Oder ich ein tolles Plugin wie WPML für mehrere Kundenprojekte nutzen kann. Ob ich diesen „Mietvertrag“ jeweils verlängere, entscheide ich jedes Jahr neu. Ansonsten wäre es eine Art Kredit oder Vorratshaltung, je nach Perspektive – das liegt mir nicht.
[/expand][expand title=“6. Zahl einen Festbetrag für Updates und Service, begrenzt auf 1-3 URLs und/oder 1 Jahr.“]Das ist das Geschäftsmodell u.a. von WooCommerce, Gravity Forms, marketpress.de, wp-symposium, Metaslider und Themeforest. Die meisten dieser Firmen bieten ihre Plugins in einer kostenlosen Basisversion auf wordpress.org an und liefern kostenpflichtig zusätzliche „Premium-Features“ oder „Extensions“ – Plugins zum Plugin sozusagen. Die Preise sind meist gestaffelt für 1 bis 5 Websites, auf 1 Jahr Support bis hin zu unbegrenzter Nutzung und Lifetime-Support. Wie teuer und fair dieses Modell ist, ist von Anbieter zu Anbieter verschieden – und ist abhängig u.a. von den Lizenzbeschränkungen, Leistungen und der Qualität des Supports.
Es ist verständlich, dass die Anbieter ihre Entwicklungskosten und ihren Support refinanzieren und von ihrer eigenen Arbeit gut leben möchten. Was mich stört, ist die Geschäftemacherei, die aus diesem Modell resultieren kann. Klar ist es bequem, als Endanwender auf ein schickes Luxus-Plugin zu setzen. Aber, wer ist am Ende in der Lage, die vollmundigen virtuellen Versprechen am Kap der guten Hoffnung oder in Hongkong persönlich einzufordern? Was geschieht eigentlich, wenn die Firma pleite geht, die Jungs plötzlich mehr Spaß am Surfen als am Programmieren haben oder ganz das Interesse verlieren? Pech gehabt. Im Gegensatz dazu liegt eins klar auf der Hand: Ohne die freiwillige und großzügige gemeinschaftliche Weiterentwicklung von WordPress könnten auch die „Premium“-Anbieter nicht das Geringste mit ihren Hochglanz-Plugins anfangen. Hätten sich die WordPress-Initiatoren von Anfang an für eine vergleichbar strenge Beschränkung (=Ausgrenzung) entschieden, wäre WordPress nie zu dem geworden, was es heute ist. Auch deshalb entscheide ich mich normalerweise nur für solche teuren Produkte, wenn es keine probate Alternative gibt.
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Das sind also die vier häufigsten Geschäftsmodelle, die mir bei meiner täglichen Arbeit begegnen. Bestimmt gibts noch mehr. Außerdem ändern sich die Bedingungen der Anbieter laufend. Vielleicht lassen sich die innovativen Ansätze sogar auf andere Branchen übertragen? Zur Nachahmung empfohlen sind besonders die Varianten 2. und 4. – weil besonders fair und transparent.