Um ein paar Ecken, per E-Mail als .docx (!) erreichte mich heute ein Artikel aus dem Berliner Tagesspiegel vom gestern, der eigentlich bereits am 20.8. auf netzpolitik.org veröffentlicht wurde – und dort für hunderte von Kommentaren sorgt (wie so oft bei Blogger-Nabelschau;) … Der Text ist sehr lesenswert, denn er thematisiert nicht nur die Freiheiten, sondern auch die Tücken der Online-Diskussion: Kommentarkultur im Netz – „Ich kriege davon schlechte Laune“ von Markus Beckedahl. Provokativ schreibt er:
Als ich mit meinem Blog Netzpolitik.org 2004 in der jetzigen Version startete, wollte ich Öffentlichkeit für Bürgerrechte im digitalen Raum herstellen und mein Wissen mit anderen teilen. (…) Ich habe in der Zeit rund 130 000 Kommentare gelesen. Im Rückblick muss ich leider sagen: Meistens war das reine Zeitverschwendung. (…) Oft haben sich die Kommentatoren ganz offensichtlich gar nicht mit dem Artikel auseinandergesetzt, sondern lediglich das geschrieben, was sie immer im Kopf haben und immer schreiben.
Als langjährige Mailinglisten-/Foren-Moderatorin und -Leserin kann ich diese Einschätzung nur bestätigen. Dieses monologisierende Meinungsgeblubber ist nicht bloss ein Phänomen von Blogs, sondern von vielen Online-Diskussionsrunden. Aber, nu mal nicht so streng, vielleicht ist das selektive, emotionale und unreflektierte Antworten vor dem Bildschirm eben einfach nur menschlich. Das Netz ist nicht gerade ein Ort für eine bürgerlich-akademische Diskussionskultur – wie sie im politischen Bereich (auf netzpolitik) konstruktiv wäre.
Jedoch: der Blogger wird nicht nur beleidigt, sondern hält auch noch für rechtliche Konsequenzen den Kopf hin. So habe ich schon vor vielen Jahren beschlossen, in meinen Blogs konsequent das „Hausrecht“ wahrzunehmen. Ein Blog-Kommentar wird gelöscht, wenn er nicht meinen Regeln entspricht: freundlich, werbefrei, möglichst einer Person oder einem Blog zuzuordnen und urheber-, persönlichkeits- und markenrechtlich unbedenklich. Das ist keine Zensur, sondern reiner Selbstschutz, vor allem in einem beruflich motivierten Blog. In einer politischen Diskussion wäre das schwieriger. Ich kann den Beckedahlschen Stoßseufzer jedenfalls gut nachvollziehen.