Von Medienboheme und Grundeinkommen
Derzeit rumort es überall und die allerorten heiß diskutierten Themen bilden verblüffende Überschneidungen. Grundeinkommen, Creative Commons und Freie Kultur, Web2.0, Baukultur, Medien-Bohemiens und Präkariat …
Ende September war ich auf dem Zukunftskongress Grundeinkommen im Goetheanum in Dornach bei Basel, wo Referent Spielkamp von irights das Buch „Freie Kultur“ von Lawrence Lessig vorstellte; derselbe Lessig, der bereits kurz zuvor auf der Wizards-of-Oz-4 in Berlin die Creative Commons Licence erläuterte und dessen Buch Rüdiger Lühr im Juni im dju-Fachblatt mmm rezensierte.
Auf dem 8. mcm-Forum in St. Gallen/Schweiz, auf das ich bei Recherchen zum Grundeinkommen aufmerksam wurde, trafen sich „Protagonisten der Web 2.0-Szene, Trendforscher, Praxisvertreter renommierter Unternehmen sowie Wissenschaftler und Medienfachleute“ (o-ton mcm) zum Web2.0-Kongress. Matthias Horx, Zukunftsforscher mit offiziellem Auftrag, rührte in seinem dortigen Vortrag an den Grundfesten der IT-Gläubigen (Interview bei rebell.tv, Vortrag als pdf, 21MB).
Online-Filmer wie grundeinkommen.tv und rebell.tv interviewen die jeweiligen Protagonisten und nehmen das Alltagsfernsehen auf die Hörner. Bereits am 25.9. wurde auf einem Kölner Kongress über die Chance Web 2.0 diskutiert und Kollegin Biggi Mestmäcker schreibt darüber, wies dort gewesen ist.
Renommierte österreichische Architekten fordern derzeit die politische Verankerung einer neuen Baukultur. Architekturpolitik wird zum gesamtheitlichen ressortübergreifenden Anliegen, um soziale, ökonomische, ökologische und kulturelle Rahmenbedingungen für eine lebenswerte Umwelt zu sichern (ich schrieb gerade die Pressemitteilung, man merkts).
Aus der Kreuzberger Köpenickerstraße, schon seit Hausbesetzerzeiten ein bekannter Unruheherd;), melden sich die Leute von der Zentralen Intelligenz Agentur, wo keine Geringere als Kathrin Passig, ihres Zeichens Bachmann-Literaturpreisträgerin, das Getriebe schmiert, frech zu Wort: Sie nennen es Arbeit und sprechen von Boheme und Präkariat.
Davon sang auch die Kreuzberger Band Britta ein Liedchen auf ihrer letzten CD („ist das noch Boheme oder schon die Unterschicht“) und dereinst folgten diesem Traum der reiche Erbe Andy Warhol und The Velvet Underground:
Dem Traum vom freien, samtigen Leben jenseits des Mainstreams. Ein schöner Traum, so soft und süß wie Marshmellows – die allerdings verbrutzeln, wenn sie zu heiß werden.
Und dies führt dann wieder in direkter Linie zurück zum Grundeinkommen, das von Drogeriemarktchef Götz Werner in seinem kleinen Buch Ein Grund für die Zukunft: das Grundeinkommen. Interviews und Reaktionen wunderbar auf den Punkt gebracht wird. Man kann nur hoffen, dass sich baldmöglichst viele Politiker mit dieser bestechend logischen Alternative zu Arbeitslosengeld und Hartz4 befassen.
Über all das würd ich gerne schreiben
… und finde doch keine Zeit dazu, denn der Brotjob drängt und das Grundeinkommen steht leider noch in den Sternen. So müssen große Ideen warten, damit sich auch auf meinem Konto „was bewegt“ und ich mich schnellstmöglich der angesagten Medien-Boheme anschließen kann 😉
Du bist nicht allein. Die digitale Bohème wird auch ohne mich auskommen müssen – weil ich die gedrechselte Schreibe der Autoren nicht ertrage 🙂
Ich lese derzeit nebenbei ein sehr kluges Buch von Adrienne Goehler: „Verflüssigungen. Wege und Umwege vom Sozialstaat zur Kulturgesellschaft“. (Kein Amazon-Link, weil Deiner auch nicht funktioniert, vielleicht tun es die sprechenden URLs nicht…?)
Wenn beim Selbständigen-Tag Goehler anstatt Englisch auf dem Podium säße, wäre das glatt ein Anreiz, nach Berlin zu fahren, aber so werde ich mir wohl am 11.11. einen VHS-Workshop über kollegiale Beratung und Fallsupervision geben.
Das Grundeinkommen war vorhin ein Thema bei Monitor:
http://www.wdr.de/tv/monitor/beitragsuebersicht.phtml
Ein Selbständigen-Tag? In Berlin? Hier der Link zu Adrienne Goehler: Verflüssigungen. Wege und Umwege vom Sozialstaat zur Kulturgesellschaft
(Links in den Kommentaren ist wg. Spam derzeit abgeschaltet). Die Monitor-Sendung gestern hab ich auch gesehen. Ich sags ja, wenn was in der Luft liegt …
Das Goetz-Werner-Buch ist sehr prägnant und gibt einen guten Einblick ins Thema – und kostet nur 5 Euro (Präkariat-freundliche Preisgestaltung;)