Die ansteigende Anglizismengastritis
In diesen Tagen sind sie wieder verstärkt aktiv, die Reinheitsgebotler, die einem sagen, wie die deutsche Sprache „gut“ ist und welche Elemente ausgemerzt gehören.
Anglizismen zum Beispiel, diese bösen englischen Worte, die die guten deutschen zunehmend überlagern und ersetzen. Übelste Subjekte sind das, die Anglizismen. Angesichts einer schleichenden Invasion, die sich zusehens zu einen Sprach-Tsunami auswächst, rufen die Sprachhüter allerorten: Schreibende! Versteckt euch im Keller oder auf dem Dachboden, packt eure scharfzüngigen Wortschwerter aus und kämpft gegen die penetranten Anglizismen, die nahezu jeden deutschen Sprachhaushalt infiltrieren! Das schiere Grauen.
Es gibt zum Glück sehr heilsame Mittel gegen die ansteigende Anglizismengastritis:
Hilfreich wäre beispielsweise eine dreiwöchige Fernreise, mit vielen engen Kontakten zu anderen Reisenden. Oder eine virtuelle Tour einmal quer durchs Web 2.0 und zurück. Oder auch ein Besuch in einer deutschen Stadt wie Berlin, mit ihren unzähligen ausländischen Besuchern.
Dann wird schnell klar, wie hilfreich und gut diese gemeinsame internationale Sprache zwischen „Kindergarden“ und „Teambuilding“ ist. Und wie unsinnig eine verkapselte Sprachkultur, die sich auf eine Vergangenheit zwischen Germanen, Kaisern und Diktatoren beruft, auf die wir nicht in allen Fällen wirklich stolz sein können.
What shalls also 🙂
Man kann sich die die Anglizismenflut, die in den letzten Jahrzehnten über die deutsche Sprache hereingebrochen ist, auch gesundreden nach dem Motto „Mäßig genossen, schaden Anglizismen auch in großen Mengen nichts.“ 🙂
Dass gute Englischkenntnise bei Fernreisen segensreich sind, ist unbestritten, ich habe selbst oft davon profitiert. Auf das Denglisch hingegen, mit dem uns u.a. die „Deutsche“ Bahn auf Inlandreisen großzügig verwöhnt, verzichte ich dankend. In unseren Städten sieht man vor lauter Towers die Kirche nicht mehr. Ein „Reinheitsgebot“ für die deutsche Sprache hat meines Wissens niemand gefordert und wäre – anders wie beim Gerstensaft – auch nicht mein Bier.
Dieses Thema scheint ja immer wieder die Gemüter zu erhitzen, warum eigentlich.
Leider kann ich hier jedoch keine Kommentare freischalten, die kryptische Anspielungen enthalten – sorry an Mr. Grün. Ich halte nichts von Spracharroganz und elitärem Sprachdünkel. Und Bier mag ich nicht besonders, ob mexikanisch oder bayrisch.
Es war in meinem Posting nicht die Rede von „Denglisch“ oder falschem Deutsch. Sondern von englischen Begriffen, insbesondere in IT und Touristik, die sich im Deutschen einbürgern, weil es (noch) keine adäquaten deutschen Bezeichungen dafür gibt. Anglizismen eben. Und den positiven Effekt, den das auf die internationale Kommunikation hat. Kein Aufreger in meinen Augen.
Was ich befürchte, ist, daß die Sprachkreativität der Deutschen leiden wird. Man macht es sich zu einfach und sagt „Kann man nicht übersetzen“, dabei schaffen es doch andere Länder auch. Es probiert keiner mehr und dadurch geht sprachliche Kreativität verloren. Da sollten wir uns ein Beispiel an der englischen Sprache nehmen: die hat überhaupt keine Probleme ständig neue Worte zu erfinden.
Und ein bißchen polemisch erscheint mir der Text schon, insbesondere der Verweis auf „verkapselte Sprachkultur, die sich auf eine Vergangenheit zwischen Germanen, Kaisern und Diktatoren beruft, auf die wir nicht in allen Fällen wirklich stolz sein können.“ Das ist in meinen Augen eher platt, nach dem Motto: „Wer sich für die deutsche Sprache einsetzt ist ein Ewiggestriger oder gar schlimmeres.“
Und Wendungen wie „Das macht keinen Sinn“ und „Ich erinnere das nicht“ SIND Anglizismen, sogar im engen Sinn und dazu noch falsches Deutsch.
Anonym zu kommentieren macht keinen Sinn. Eine E-Mail-Adresse namens „g.a.g@“ noch weniger. Für den „Erhalt der Sprachkreativität der Deutschen“ ist dieses Weblog hier nicht zuständig, hier scheint irgendwie ein Irrtum vorzuliegen.
Viele der englischen Wörter, die vor allem bei Berufsgruppen beliebt sind, von denen man sowieso nie so genau weiß, was sie eigentlich machen (außer Meetings, und da wäre schon eins – also ein englisches Wort), sind tatsächlich ein bisschen überflüssig. Wahrscheinlich ist auch das, was sie bezeichnen, weitgehend überflüssig (ich sage bloß: Meetings), nur dass es sich auf Englisch besser anhört – derselbe Effekt wie bei der Popmusik. Andererseits aber ist es doch auch ziemlich sinnlos, so zu tun (wie eben die Deutschwächter), als sei Englisch sozusagen die Sprache des Bösen, die lingua diaboli oder (politisch gesehen) die Zunge des Imperiums. Denn schließlich besteht Englisch zu einem sehr, sehr, sehr großen Teil aus ehemaligen Lehnwörtern (französischer, lateinischer, germanischer Herkunft), es ist die Bastardsprache par excellence und als solche natürlich überall gut anwendbar, wendig, überlebensfähig und robust.
Wie wahr, wie wahr. Es wäre doch wirklich albern, Worte wie „Skateboard“ oder „Internet“ ins Deutsche zu übersetzen. Ausdrücke wie „Bashing“ oder „tricky“ sind wundervoll lautmalerisch und mir fallen spontan keine deutschen Entsprechungen ein … Bashing – runtermachen? Tricky – knifflig? Naja, ziemlich dröge.
Natürlich bedeutet das nicht, im Umkehrschluss nur noch „Denglisch“ (sic!) zu schreiben, weil es „cool“ (locker?) und international ist. Trotzdem gefällt mir dieser Gedanke einer gemeinsamen internationalen Sprache … aber das ist ein ganz anderes Thema.
Lingua diaboli, die Zunge des Imperiums. Hihi.
Auch ich halte nichts von einer Verteufelung des Englischen, es ist immerhin eine Kultursprache. Und bei der „Bewertung“ von Kultur ihrer Herkunft nach… Ich weiß ja nicht. Zu Sprachthemen lässt sich eben prima streiten: Ab wann ist ein Anglizismus nicht mehr hinnehmbar? Geht „peppig“ noch? Ja, meint Prof. Krämer, der Gründer des Vereins Deutsche Sprache. Auch die Stiftung Deutsche Sprache hält nichts von Purismus, die jeden Anglizismus ablehnt. Aber was manchmal privat geäußert wird, da kann einem schon die Hutschnur platzen. Ich halte von Reinheitsgeboten oder Sprachgesetzen nichts, auch das Beispiel Frankreich hat gezeigt, dass es nicht funktioniert: Vorgeschrieben ist alles mögliche, aber der mündige citoyen verwendet weiter E-Mail. Auch ihre Radioquote bringt’s nicht, Bands wie Phoenix werden in der Grande Nation de facto boykottiert und werden damit nur im Ausland groß. Und das nur, weil sie nicht französisch singen.
AndyOSW
Deutsches Sprachforum